Sehr interessanter Text!
[Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22.2.2009]
Jungen werden zu Mädchen erzogen, Väter entrechtet: Die Welt liebt die Männer nicht. Schuld ist der radikale Feminismus
VON CHRISTINE BRINCK
Männer und Frauen, Jungen und Mädchen sind verschieden. Je genauer die biologischen Unterschiede der Geschlechter erforscht werden, desto eifriger scheinen indes
radikale Feministinnen darauf erpicht, sich als Sozialingenieure zu profilieren. Jungen sind wild, Jungen sind unkonzentriert, Jungen toben lieber herum, statt gemütlich in der Ecke zu sitzen, Jungen lernen später sprechen und lesen weniger - alles kein Problem. Wir müssen sie nur erziehen, so zu sein wie Mädchen. Dann werden die Lehrerinnen sie auch so nett behandeln wie Mädchen. Die Feminisierung des Spiel- und Klassenzimmers schlägt sich früh auch in der Literaturauswahl nieder. Die Jungen sollen sich ihren Gefühlen nähern. Igitt! - denken die sich und verweigern.
Sind die ungezähmten Buben dann etwas älter und werden in der Pubertät mit Testosteron überschwemmt, schlägt ihnen Unbehagen entgegen, als seien sie alle auf Beutezug. Auf dem Campus soll gar jeder vierte von ihnen ein Vergewaltiger sein, weil er sich vor dem Beischlaf die Zustimmung der Mitschläferin nicht schriftlich geben ließ. Jungen sind eben gewalttätig, Männer sind es sowieso. Und daraus folgt: Wer braucht Männer?
Bücher mit diesem Titel, Bestseller gar, gibt es längst. Dass Väter unnötig sind, erfahren wir trotz anderslautender Forschung aus dem Munde alleinerziehender Frauen zuhauf. Die Gesellschaft ist voreingenommen gegen Männer. Was auch immer sie tun, sie können es nicht recht machen. Die Welt, zumindest die westliche, mag fairer für die Frauen geworden sein, für die Männer ist sie unfairer geworden. Das bekommen vor allem die jüngsten und jungen Männer zu spüren, so als seien sie verantwortlich für Jahrtausende männlicher Vorherrschaft. "Das männliche Geschlecht als Gruppe - nicht einzelne Männer - ist schlecht und böse, einfach weil sie die falsche DNA haben", schreibt die amerikanische Journalistin Kathleen Parker.
Die Welt ist männerfeindlich geworden, voller Verachtung für Männlichkeit. Zynisch urteilt sie die kleinen Unterschiede ab, die Männer einst unwiderstehlich machten. Das Fernsehen zeigt Männergestalten, die selten oder gar nicht als weise, ritterlich und stark gezeichnet werden. In sogenannten Familienserien werden Männer bestenfalls als leicht verblödete, ungeschickte Toren vorgeführt, die ohne ihre patenten Frauen absolut verloren wären und selbst von ihren Kindern nicht ganz ernst genommen werden. Homer Simpson von den Simpsons ist so ein Exemplar. In Filmen und Musik werden Männer als Idioten, Frauenprügler, Vergewaltiger, Brutalos oder Väter, die sich aus dem Staub machen, gezeigt. Der nette, zuverlässige und intelligente Mann, dem seine Familie heilig ist und der auch noch die Nachbarkinder für sich einnimmt, ist, so will es scheinen, eine aussterbende Spezies.[…]
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